„Irgendwo ins grüne Meer...“News-Meldung vom 24.04.2006
Helgoland feiert am 31. Mai 2006 seinen "großen Sohn" James Krüss"Irgendwo ins grüne Meer
Hat ein Gott mit leichtem Pinsel
Lächelnd, wie von ungefähr,
Einen Fleck getupft: Die Insel."
James Krüss, der Autor dieser Zeilen, wäre in diesem Jahr 80 geworden. Neben Erich Kästner, Michael Ende und Otfried Preußler gilt er als einer der größten deutschsprachigen Kinderbuchautoren. Der Geschichtenerzähler, Dichter und Fantast stammt von einer Insel, die so ungewöhnlich ist, dass er sie selbst hätte erfinden können: Helgoland.
Am 31. Mai 1926 als Sohn eines Elektrikers und einer Hummerfischertochter auf Helgoland geboren, verlebte James Krüss eine Kindheit "wie aus dem Bilderbuch". Er fischte nach Hering und Hummer, trug erste Gedichte in sein Oktavheft ein, dachte sich Sketche für das Schulfest aus und schwamm in der Nordsee. "Eine Insel-Kindheit eben", fasst seine Schwester Erni Rickmers zusammen, die, 77-jährig, noch heute auf Helgoland lebt und mit der er sich - "wie das unter Geschwistern so ist" - leidenschaftlich kabbelte. "Merkwürdig und faszinierend war damals vor allem, dass er schlafwandelte. Wir, die Geschwister, standen hinter den Gardinen, wenn er mal wieder mitten in der Nacht aufgestanden war, sich angezogen hatte und zur Schule gehen wollte. Wie er schimpfte, dass unsere Mutter vergessen hatte, ihn zu wecken!" Nach einigen Hypnose-Sitzungen beim Hausarzt der Insulaner endeten diese Extratouren.
Als 16-Jähriger musste Krüss Helgoland verlassen. In Lunden und Ratzeburg bildete er sich zum Lehrer aus, wurde 1944 aber in den Kriegsdienst gerufen. Seine Eltern sah er 1945 nach der Kapitulation in Cuxhaven wieder - Helgoland war unbewohnbar.
Nach dem Tod des Vaters 1946 schrieb Krüss sich an der Pädagogischen Hochschule Lüneburg ein, 1948 legte er sein Examen ab. Anstatt als Lehrer zu arbeiteten, verfasste er jedoch Beiträge für den Rundfunk und verschiedene Zeitschriften. Er gründete die Zeitschrift "Helgoland" als Mitteilungsblatt eines Clubs von Exil-Helgoländern. Monat für Monat veröffentlichte das Magazin Kapitel der "Historie von der schönen Insel Helgoland". Die in Verse gefasste Insel-Geschichte und seine erste Erzählung "Der Leuchtturm auf den Hummerklippen" (1956) verraten es: Obwohl er in der Fantasie wie in der Wirklichkeit beinahe dauerhaft auf Reisen war - Krüss ist ein Kind Helgolands geblieben.
Nicht nur die Insel, die "wie ein dreieckiges Tortenstück mit roten und weißen Schichten in der grünen Nordsee liegt", so Krüss in "Der Leuchtturm auf den Hummerklippen", auch ihre Bewohner beschreibt der Kinderbuchautor genau. So genau, dass Verwandte und Freunde reale Personen wieder erkennen - manchmal sogar sich selbst. "In ,Mein Urgroßvater und ich' hat er unseren Großvater ganz genau charakterisiert, obwohl er ihn gar nicht mehr kennen gelernt hatte", sagt Erni Rickmers. "Manchmal, wenn ich seine Bücher lese, denke ich aber auch: Da hast Du ja ganz schön gesponnen."
Immer wieder, auch von seiner späteren Heimat Gran Canaria aus besuchte James Krüss Helgoland, wo er sich die neuesten Familienereignisse erzählen ließ und seine Berühmtheit ablegte. Seine Nichten und Neffen bewunderten den außergewöhnlichen "Onkel James", der so viele bekannte Bücher geschrieben hatte.
Seine Schwester Erni sah ihn im Sommer 1997 zum letzten Mal. "Er war gastfreundlich wie immer, wir haben Touren unternommen und sein Archiv aufgearbeitet", berichtet sie. "Auf dem Rückflug habe ich geweint wie nie zuvor. Ich wusste: Ich sehe ihn nie wieder."
Am 27. September wurde James Krüss vor Helgoland auf See bestattet. Seinen schriftstellerischen Nachlass erhielt die Internationale Jugendbibliothek.
Zu seinem 80. Geburtstag ehrt die Insel ihren berühmten Sohn: Vor dem Insel-Museum an der Kurpromenade wird ein James-Krüss-Museum eingerichtet. Am 31. Mai 2006 feiern außerdem Angehörige und Weggefährten Krüss' das Jubiläum. Erwartet werden unter anderem die Illustratoren Jutta Bauer und Ole Könnecke, der Autor und Kabarettist Wiglaf Droste, der Schauspieler Freidhelm Ptok, der Komponist Christian Bruhn und Klaus Doderer, Gründer des Instituts für Jugendbuchforschung, Barbara Scharioth, Direktroin der Internationalen Jugendbibliothek sowie Schüler zahlreicher Krüss-Schulen in Deutschland.Weitere Meldungen